- Elias
Ein Tag, der täglich begangen werden sollte

Sie sind mitten unter uns. Wir treffen sie in der Freizeit, im Supermarkt, in jedem Job, aber auch in der Politik an. Denn sie sind ein ganz normaler Teil unserer Gesellschaft.
Wir sprechen von trans Menschen.
Am 31. März wird der „Transgender Day of Visibility“, der Internationale Tag der Sichtbarkeit von trans* Menschen, gefeiert. An diesem Tag geht es um Empowerment, Wertschätzung und natürlich Sichtbarkeit – denn die ist der erste Schritt zu mehr Verständnis und Akzeptanz.
Gegründet wurde der Tag im Jahre 2009 von der us-amerikanischen Transgender-Aktivistin Rachel Candrall, um auf den generellen Mangel an Gedenktagen für die Trans*Community hinzuweisen. Zwar gibt es mit dem 20. November den „Transgender Day of Remembrance“, der den Opfern innerhalb der Trans*Bewegung gewidmet ist, doch ein positiv assoziierter Feiertag für die lebenden und aktiven Mitglieder dieser Community fehlte. So wurde am 31. März 2009 erstmals der „Internationale Tag der Sichtbarkeit von trans* Menschen“ begangen.
Aber was heisst Transgender genau? Was ist trans? Und wie fühlt sich trans sein eigentlich an?
Trans wird übersetzt aus dem lateinischen und bedeutet „jenseits von, darüber hinaus“. Gender wird aus dem englischen übersetzt in „soziales Geschlecht“
Wenn wir das zusammen setzen, geht es um das soziale Geschlecht, welches über jenes der zwei biologischen Geschlechter hinaus geht.
Trans, Transgender ist ein riesiger Überbegriff. Im Grunde bedeutet trans, dass ein Mensch sich nicht mit dem Geschlecht identifiziert, welches ihm bei Geburt zugewiesen wurde. Ob sich nun eine Frau vollwertig als Frau sieht, oder doch irgendwo etwas dazwischen, spielt dabei keine Rolle. Wir unterscheiden Transgender in das binäre und das nicht binäre System.
Unter das binäre System fallen trans Männer und trans Frauen.
Im nicht binären System befinden sich Menschen die sich zum Beispiel weder im männlichen, noch im weiblichen Geschlecht vollkommen fühlen. Manche Menschen haben gar kein Geschlecht. Sie empfinden sich nicht einem der beiden Geschlechter zugehörig. Ganz einfach, weil es viel mehr als nur Männlein und Weiblein gibt. Diese Menschen bezeichnen sich oft als nicht binäre Menschen auch nonbinary genannt.
Nun gut wie fühlt es sich denn an trans zu sein?
Diese Frage kann ich zurück geben.
Wie fühlt es sich an Cis Mann oder Cis Frau zu sein?
Diese Frage ist so vielfältig wie es Menschen gibt. Wenn ich hier von einem Empfinden spreche, dann lediglich von meinem, denn ich kann hier nur von mir selbst sprechen. Jeder trans Mensch hat irgendwann in seinem Leben den Moment wo bemerkt wird, hey ich bin nicht so wie andere. Da ist etwas anders. Wichtig ist dabei zu erkennen, das anders sein gut ist.
Es gibt Menschen die wissen zum Zeitpunkt nicht, was trans bedeutet und wieder andere haben diese Infos bereits. Sei es durch das Internet oder Freunde. Es gibt Menschen die gehen damit gut um und andere brauchen länger Zeit. Wie auch bei der sexuellen Orientierung gibt es bei trans Menschen das Innere Coming Out. Wie lange dieses dauert ist individuell.
Der Weg eines trans Menschen ist kein einfacher. Trans Menschen haben oft mit sich selbst zu kämpfen. Erst entwickelt sich der eigene Körper nicht so, wie mensch sich selbst fühlt. Dann kommt die Gesellschaft und das Coming Out, dass auch heute noch nicht einfach ist. Trans Menschen kämpfen also mit sich selbst, sowie oft mit ihrem Umfeld. Sei es in der Familie, im Freundeskreis oder einfach in der alltäglichen Gesellschaft.
Kein Weg ist jemals gleich und jeder einzelne Weg muss akzeptiert werden.
Als aussenstehende Menschen könnt ihr den trans Menschen die Kämpfe, die sie mit sich selbst führen, nicht abnehmen. Ihr könnt aber ganz entscheidend im Leben von trans Menschen positiv mitwirken.
Und wie genau könnt ihr das machen?
Seid respektvoll, wenn sich ein Mensch in eurem Umfeld outet.
Akzeptiert euer Gegenüber. Trans Menschen werden mit dem Pronomen und dem Namen angesprochen, die sie möchten. Stellt keine Fragen, die ihr nicht selbst beantworten möchtet. Achtet darauf wo ihr eine Grenze übertretet. Meist könnt ihr euch an euren eigenen Grenzen orientieren. Ihr erzählt auch niemandem wie lange euer Penis ist, oder was für OPs ihr gerade plant. All diese Dinge sind privat und sollen nur dann zum Thema werden, wenn ein Mensch bereit ist, darüber zu sprechen.
Die Realität im Alltag
Auch heute sind trans Menschen Diskriminierung ausgesetzt. Das beginnt im eigenen Freundeskreis, geht über in gesellschaftliche Organisationen mit denen sie in Kontakt kommen und endet mit fremden Menschen auf der Strasse.
Ich, trans Mann, 32 Jahre jung. „Ich fühlte mich als gelesene Frau auf einer dunklen Strasse sicherer, als trans Mann mitten in der Transition.“
Mein inneres Coming Out hatte ich von 2015 bis 2020. Seit Juli 2020 spritze ich mir Testosteron, was dazu führte in einer gewissen Übergangsphase mich sehr unsicher zu fühlen. Ich trug einen Binder, eine Art Korsett um Brüste zu verbergen, trug mehrheitlich Männerkleidung, dennoch sah mensch mir aber die Frau noch an. Für mich fühlte sich das wie weder Fisch noch Vogel an. Ich fühlte mich dadurch auf der Strasse oft sehr unsicher. Der Gedanke, dass ich mich jetzt in meiner Übergangsphase unsicherer fühle, als früher, als gelesene Frau, war irgendwie bedenklich für mich. Wieso bloss ist das so? Im Generellen, wieso muss überhaupt irgend ein Mensch auf der Strasse Angst haben?
Aber zurück zur Realität. Wenn ein nonbinärer Mensch sich eine Pizza bestellen möchte kann er folgende Optionen anklicken: Mann, Frau, Firma.
Was aber wenn ich weder Mann, Frau, noch eine Firma bin. Für Menschen die mit sich selbst kämpfen, sind solche „Kleinigkeiten“ Triggerpunkte, die sie stark in ihrem Leben belasten.
Ärzte, die ihre Unwissenheit nicht zugeben und lieber so tun, als hätten sie eine Ahnung, sind auch nicht wirklich hilfreich im Alltag von trans Menschen. Es ist nicht unmenschlich zuzugeben, wenn ein Gebiet nicht zum gelernten dazugehört. Lieber einmal mehr an Menschen verweisen, die eine Ahnung haben.
Liebe Eltern, Verwandte und Freunde von trans Menschen. Ich weiss es kann überfordernd sein, so ein Coming Out. Aber bitte ruft euch in den Kopf, der Mensch dahinter ändert sich nicht. Wir sind doch alle mehr als nur ein Geschlecht. Spielt es eine Rolle ob euer Gegenüber ein Mann, eine Frau oder etwas dazwischen ist? Ihr identifiziert euch doch auch nicht nur über euer Geschlecht.
Und an alle trans Menschen da draussen. Ihr seid wunderbar. Ihr seid alle einzigartige, liebenswerte Menschen. Ihr seid stark und geht euren eigenen Weg. Seid stolz auf euch und denkt daran, „Euer Weg ist der einzig Richtige.“
Falls du dennoch Hilfe brauchst, Fragen hast, oder einfach Menschen kennen lernen möchtest, komm zu uns in den queeren Jugendtreff in Chur.
Wir unterstützen euch mit offenen Ohren und holen euch dort ab, wo ihr es braucht.
Traut euch und kommt vorbei.
Liebe Grüsse
Elias